Am Bild

Am Bild stellt sich einem interessierten Bildstocksucher fast kongenial zur queenischen Frage 1965 in Marbach "Where are the horses?" die mehr bildliche Frage "Wo ist das Bild? Das Bild vom am Bild?" Also der Bildstock am Bild, vom Bild, im Bild. Was genau stellt der Bildstock dar? Wer ist der Spender, die Spenderin? Wann wurde der Bildstock am, vom bzw. im Bild erstellt, gesetzt? Gehrig / Müller tragen einiges zum Flurnamen Am Bild bei: „Am Bild: bei einem Bildstock oder Kreuz“ (Seite 174). Genauere Antworten auf unsere brennenden Fragen zum Bildstock am Bild unterbleiben also. Sind auch ansonsten bisher nirgends zu finden. Der unbekannte Bildstock von Büscheme, das unbekannte Kleindenkmal am Bild, eine Bildlücke. Immerhin liefern Gehrig / Müller einen wichtigen Hinweis, wann der Flurnamen Am Bild erstmals in Akten genannt wird: „1578 beim bildt“. 1578 – ein gutes Alter für Bildstöcke, noch vor ihrer Blütehochzeit im 18. Jahrhundert.


Wo stehen normalerweise Bildstöcke dieses Alters? Nicht einfach so in der Gegend herum, schon gar nicht in der Büschemer Landschaft, damals vor allem eine Agrar- und Weinbaulandschaft, eine Wallfahrtslandschaft, eine Bildstocklandschaft. Sie stehen durchaus bewußt aufgestellt an wichtigen Punkten, größeren Straßen, Kreuzungen, Abzweigungen. Sie wollen gesehen werden, Beachtung finden. Sind sakrale Halte- und Orientierungspunkte. Werden auch in der profanen Alltags- und Arbeitsbetätigung in ihrer funktionalen Wirkung genutzt. „Am Bild, do fährst links rein und hoch zu unnerem Acker“ so könnte die eindeutige fahrerische Arbeitsanleitung eines büschemerischen Landwirtes an den Sohn gelautet haben. Am Bild – da wurde abgebogen, da wurde der Weg zum Acker verinnerlicht, auch bei den Zugtieren und so bekam das Bild am Bild seinen Namen.


Am Bild – das deutet auch Distanz an. Distanz vom Bildstock, von dessem Standpunkt, Standort. Der Acker war also in einiger Entfernung zum flurnamensgebenden Bildstock. Der Gewannnamen am Bild hat seinen Platz räumlich etwas vom Bildstock entfernt. Der Bildstock am Bild ist nicht in der Flur am Bild zu suchen, sondern in der räumlichen Nähe. Genauer genommen im Bild, was aber sprachlich gesehen Unfug ist. Ein Büschemer Grundstücksbesitzer gab an, dass seine Grundstücke im Hottenloch liegen und nicht am Hottenloch. Also mitten drin im Hottenloch und nicht daneben. Das läßt sich auf die Situation am Bild und dem Standort des Bildstockes übertragen.


Geben die heutigen Strassenführungen in diesem Bereich noch Orientierung, entsprechen sie noch den damaligen Wegeführungen? Ein Blick auf alte Karten zeigt, dass diese heute nicht mehr den alten Wegen gleichen, die durch Ackerbebauung bedingt war. Es gab früher viel weniger Wege zu einem Acker. Man bearbeitete im Flurzwang. Also alle bauten das Gleiche an, ernteten zur selben Zeit. So fuhr man dann auch bei der Ernte einfach über die bereits abgeernteten Ackerflächen. Besonders die sehr lange Straße Am Bild gibt kaum noch Orientierung zu den alten Wegeverhältnissen. Eine echte Kunststraße, die planerischen Entwürfen folgt. Mehr Name als Sein. Hat wenig vom am Bild, gibt heute kein gutes Bild ab. Welche bedeutende Straße hat durch die Flur Am Bild geführt, um einen Grund für eine Bildstockstiftung zu geben und gab es eine der für Bildstockaufstellungen beliebten Wegezweigungen direkt in der Flur am Bild? Das kann verneint werden. In Betrachtung gezogen dagegen muss die Hochhäuser Straße, die eine sehr alte Verbindungsstraße ist, auch wenn sie sich vor der Industrialisierung des Gebietes in einem eher unguten Schlaglochzustand befand. Die Hochhäuser Straße tangiert die Flur am Bild in geeigneter Entfernung. Zudem zweigten die damaligen Arbeitswege von der Hochhäuser Straße ab und erreichten so die Hanglagen. Entsprechen also dem Paradigma der Bildstockerstellung.
Auf einer Karte im Stadtarchiv findet sich an einer Abzweigung der Hochhäuser Straße ein eingezeichneter Bildstock. Treffenderweise als „Bild“ beschriftet. Und die Abzweigung ist auch in passender Entfernung zu finden. 


Und auch heute noch kennzeichnet ein Bildstock diesen Abzweigungsbereich. Wenn auch der Bildstock selbst heute sehr versteckt auf einem privaten Grundstück steht. Zudem im Gartengelände an einer Treppe erhöht ist und so auf erstem Blick sich dem Zusammenhang mit der Straße entzieht. Vermutlich auch nicht mehr exakt am Originalstandort aufgestellt ist. Hat also einiges von seiner früheren Raumbedeutung als Bildstock verloren. Allerdings! Erinnern wir uns an Gehrig / Müller, an die Erstnennung Am Bild in den Büschemer Akten. 1578. Die Inschrift des quasi zu einem Spezialmöbel des Grundstücks gewordenen Bildstockes dagegen lautet auf 1760! „1760 hat Daniel Ries dies Bild hieher setzen lassen“. Jetzt haben wir zwar ein gesetztes Bild, aber es scheint nicht das richtige zu sein. Noch können wir uns kein richtiges Bild von dieser Verwicklung machen. Richtiger Ort, falsche Zeit! Der Bildstock des Kreuzschleppers wurde also wesentlich später erstellt, als das namensgebende Bild am Bild. Kann also nicht der Anlass der Namensgebung am Bild sein. Es hätte so schön passen können. Die Bildstockkunde von Büscheme ist manchmal kein leichtes Unterfangen. Könnte der Riesbildstock den ursprünglichen Bildstock ersetzt haben? Gedanklich möglich, wo aber ist der Beweis dafür? Einige der Büschemer Bildstöcke haben ihren alten Platz verlassen, stehen nun woanders. Bei den Arbeiten zur Umgehungsstraße in den 1960er Jahren wurde ein Bildstock am Laurentiusberg so schwer beschädigt, dass er völlig neu gefasst wurde, nun wendelinisiert wurde. Den städtischen Bauhofarbeitern zerbrach ein schon beschädigter Bildstock vom Sprait so heftig, dass die Reste des Bildstockes ersatzlos entsorgt wurden. Vom Mändelebildstock gibt es eine Sage, ist aber nicht mehr auf Büschemer Gemarkung zu finden. Es könnte also einiges mit dem namensgebenden Bild, dem Bildstock am Bild passiert sein. Wir wissen aber nicht was. Nicht wie. Nicht ob. Da müßte schon ein Zufallsfund in gemeindlichen oder kirchlichen Akten oder Büchern helfen, um das ungelöste Rätsel am Bild zu klären, zu lösen. Bis dahin bleibt es am Bild ohne echtes Bild. Dafür mit einem riesigen Scheinbild.