Mändele - Mäntele - Mäntelein - Mentelin - Mentala - Menthal

Einer der steilsten Weinberge Büschemes. Mit Übergang zum Daawerdle, zur Schlacht hin. Heute eine sehr steilhängige Wüsting. Wer kennt noch den Mändeleweg? Den Bildstock am Mändele? Verschwunden. Nur noch sagenhaft. 


Werfen wir einen genaueren Blick auf die Mändelesage, um dem Geheimnis dieses fehlenden Bildstockes möglicherweise näher zu kommen. Hugo Pahl hat die Sage überliefert, Hans Werner Siegel hat sie in seine umfangreiche Sammlung von Sagen und Geschichten aus dem Taubergrund (Zwischen Tag und Dunkel) aufgenommen:


"Nun begab es sich eines Tages, daß ein Dittigheimer Weinbauer frühmorgens schon (es war Ende April) in seinen Weinberg im Taubental ging, um dort zu arbeiten. Die Bewegung machte ihm warm und er hing seinen Mantel um einen Bildstock mit einem Marienbild, der früher einmal unten am Wege auf seinem Grundstück stand. Es wurde Mittag, der Mann blieb in seinem Weinberg, vesperte mehrmals und war fleißig bis gegen Abend. Dann machte er sich auf und ging zufrieden nach Hause. An seinen Kittel, den er um das Bild mit dem rankenden Weinlaub gehängt hatte, dachte er nicht mehr. In dieser Nacht aber fiel unerwartet ein übermäßig starker Frost in die Weinberge des ganzen Taubertales ein und zerstörte und vernichtete erbarmungslos alles, was zu solch großen Erwartungen Anlaß gegeben hatte. Auch im Daawerdle sah es trostlos aus. Nur ein einziger Rebstock von den vielen Hunderten blieb wunderbarerweise verschont. Es war jener um den Schaft des Bildstockes. Er grünte im Schutz des „Mäntelchens" des Bauern wie eh und je. Seitdem nennen die Tauberbischofsheimer und Dittigheimer jenes Stück Wegs im Daawerdle auch „Mändeleweg"."

Von hohem Interesse sind die Schilderungen des Bildstockes: "er hing seinen Mantel um einen Bildstock mit einem Marienbild, der früher einmal unten am Wege seinem Grundstück ständ" sowie "Kittel, den er um das Bild mit dem rankenden Weinlaub gehängt hatte". Das Marienbild hat eine sehr typische Ikonographie: Maria ist die Mater Dolorosa mit dem Leichnam von Jesus in ihrem Schoß. Rankender Weinlob weist sowohl auf einen in unserem Raum typischen Träubelesbildstockschaft hin. Die Weinrebe ringelt sich um den Schaft nach oben. Sowohl in der Darstellung als auch durch den sagenhaft realen Weinstock. Und es gibt einen deutlichen Hinweis, wo der verschwundene Bildstock stand: unten am Wege an seinem Grundstück. Bildstöcke haben als Standort vornehmlich einen Weg, meistens einen oft viel frequentierten Weg, gern auch an einer Abzweigung. Wo ist das Mändele zu finden? An der Straße von Büscheme Richtung Mergentheim, bei der Abzweigung in das heute so benannte Taubental. Also an der früheren Geleitstraße, auch genannt Neue Straße, ab dem 18. Jahrhundert als Chausseestraße ausgebaut. Den Gewannnamen Mändele nennt heute keiner mehr. Der Name Taubental hat das Mändele verdrängt. Früher kam das obere und untere Taubental als Gewann erst nach dem Mändele. Merkwürdigerweise hat sich in Büscheme trotz des deutlichen Verschwindenshinweises kaum einer auf die Suche nach diesem Bildstock gemacht. Wohin könnte er verschwunden sein?

Der Blick kann hier sehr eindeutig Richtung Dittigheim gehen. Da geschah sehr merkwürdiges. Ein Bildstock, der an dieser Straße stand, wurde im Rahmen des Ausbaus der Bundesstraße zu einer Kraftfahrzeugstraße versetzt. An einen ganz anderen Ort? In den Gewannbereich Mittlerer Fromberg / Riesenrain. Immerhin ein Weinbergsbereich. Wenn auch nicht besonders typisch für einen bedeutenden Bildstock platziert. Da eher ein Weg mit reinem Zugangscharakter und fehlender kleinregionaler Bedeutung. Dieser Bildstock ist von 1749 und von Oswaldus Bob und seiner Ehefrau errichtet worden. Es gibt allerdings auf dem Bildstock einen Zusatz von 1810 im Säulenschaft. Möglicherweise ein Hinweis auf eine Renovierung des Bildstockes, auf einen neuen Besitzer oder möglicherweise auch auf eine Standortveränderung. Möglicherweise hat der Mändelebildstock zweimal den Standort gewechselt? Vom Mändele am Grundstück näher ran an die Chausseestraße. Auf einer älteren Karte sind an den Chaussee beim Geyersberg zwei Punkte zu finden. Möglicherweise wird hier der Standort des Mändelebildstockes und des Bildstockes der 14 Nothelfer punktiert? Zwei Bildstöcke, die auf der Karte in direkter Nähe eingetragen sind. Etwas zu nahe für Bildstöcke. Könnte ein weiterer Hinweis sein, dass einer der Bildstöcke früher wo anders stand. Wir vermuten direkt am Mändele. Wie sieht der Bildstock am Dittigheimer Fromberg aus? Genau so, wie er in der Sage skizziert wird. Maria als Schmerzensmutter, rankendes Weinlaub um den Schaft des Bildstockes. Wenn es wirklich der Bildstock vom Mändele ist, dann sollte eine Heimholung an das Mändele erfolgen. Die Mändelesage ist das wert.


Von Hendrik Beierstettel kommt bei diesem Bildstock der Hinweis auf den Madonnen-Liebhaber Karl Kolb. Der hat diesen Bildstock an der Landstraße zwischen Dittigheim und Distelhausen, also der früheren B 290, verortet. Kolb nennt als Inschriften 1749 und WC. 1749 ist im Sockel als Stifterdatum zu finden. Die Initialien W.G. sind auf dem Schaft zu lesen. Möglicherweise waren zu Kolbs Zeiten die Initialien nicht so deutlich zu entziffern wie heute nach Restaurierungen. Der Standort zwischen Dittigheim und Distelhausen spricht gegen den Standort am Mändele. Außer der Bildstock wäre mehrfach versetzt worden. Noch einen wichtigen Hinweis gibt Hendrik Beierstettel: "Oswaldus Bob (Bopp) taucht leider nicht als Mändele-Weinbergbesitzer auf." Der Mändele-Träubelesbildstock wird wohl an anderer Stelle gesucht bzw. gefunden werden müssen. Auffällig ist es allerdings schon, wenn in so kurzer räumlicher Nähe zweimal "derselbe" Bildstock in Form und Inhalt gestanden wäre.


In der Vermögensliste von 1578 wird bei drei Einwohnern Weinbergsbesitz am Neuen Weg genannt. 1485 in den Mainzer Ingrossaturbücher Band 41,7 "hinterm siechhauß ober der Schlacht an dem Newen wegk hinauß". Ob damit die Mergentheimer Straße als neuer Weg eingestuft wurde? Oder ein Weg zum Büchelberg hoch oder parallel zur Mergentheimer Straße? Vielleicht der sagenhafte Mändeleweg, an dem ein sagenhafter Träubelesbildstock stand, der heute nicht mehr da ist?


Ein schöne Erklärung für den Mändeleweg wäre auch, wenn er ein versteckter Weg von Juden wäre, ein Judenweg. Mancher Büschemer Jude hatte den Vornamen bzw. Spitzname Mendele. Aber vermutlich zu weit hergeholt, aber die Assoziation ist dennoch interessant, allerdings der Flurname Mentelein wird schon 1313 urkundlich festgehalten:


Levi Strauss erinnert sich in seinen Memoiren, dass sein Bruder Schmule bei einem Gang nach Grünsfeld sich auf dem Rückweg verlief und war "auf den Weg nach Grünsfeldhausen und Paimar gekommen. Dort fand ihn der von Grünsfeldhausen nach Bischofsheim zurückkehrende alte Mendel Straus (Vuglo Bach-Mendele, weil er neben dem Bach wohnte und klein von Gestalt war), ..., der ihn dann mit nach Bischofsheim spät abends zurückbrachte." (Johannes Ghiraldin (Herausgeber): Die Memoiren von Levi Straus. Episoden aus dem Leben eines Bischofsheimer jüdischen Bürgers der Weinhändler-Dynastie Straus (Strauß - Strauss). Tauberbischofsheim 2015, S. 14).


TuD 81. Der Mändeleweg im Daawerdle 12


Literatur:


Kulturdenkmale und sonstige Sehenswürdigkeiten auf der Gemarkung Dittigheim / Hof Steinbach. Heimatverein Dittigheim e. V. 2015


Hans Werner Siegel, Zwischen Tag und Dunkel. Sagen und Geschichten aus dem Taubergrund. Herausgeber: Verein Tauberfränkische Heimatfreunde e. V. Tauberbischofsheim, 1982

Karl Kolb, Bildstöcke im Taubertal, 1952




Mehr zum Mändele siehe: Angriff auf das Mändele

 

 

 

 

 





Fotos des Träubelesbildstockes, der früher an der B 290 stand, nun am Dittigheimer Fromberg, und möglicherweise der Bildstock aus der Mändelesage ist