Büschemer Landjuden

Bernhard Müller: Juden und Judenpolitik in Tauberbischofsheim von 1933 bis 1945. Wissenschaftliche Arbeit zur Prüfung für das Lehramt an Gymnasien. Universität Heidelberg. 1980 (Exemplar im Stadtarchiv Tauberbischofsheim vorhanden):


"In die Aufstellung, der in KZ ungekommenen Juden, wurden alle die Juden aufgenommen, die nach dem 1.1.1933 in Tauberbischofsheim zur Anmeldung kamen, auch wenn sie vor der Deportation nach Gurs in andere Städte verzogen sind.


Zum Gedenken an sie, nachfolgend ihre Namen:


Adler, Klara geb. Fröhlich geb. 03.01.1872
23.09.42 Theresienstadt, verschollen
Bauer, Friederike, geb. Krämer geb. 15.11.1877
22.10.40 Gurs, 12.08.42 Auschwitz, für tot erklärt
Dreifuß, Berta geb. Pressburger geb. 13.11.1876
01.12.41 Riga, verschollen
Kahn, Käthe geb. Sauer geb. 27.07.1899
22.10.40 Gurs, später Auschwitz, für tot erklärt
Karpf, Frieda geb. Biermann geb. 06.12.1876
15.09.42 Theresienstadt, dort gest. 07.11.42
Kraft, Ruth geb. 23.10.1922
22.10.40 Gurs, 19.08.42 Auschwitz, für tot erklärt
Rosenthal, Jakob geb. 09.09.1886
1942 nach dem Osten, für tot erklärt
Rosenthal, Rosa geb. Grünebaum geb. 10.06.1891
1942 nach dem Osten, verschollen
Rothschild, Julius geb. 22.01.1908
07.09.42 Auschwitz, für tot erklärt
Sauer, Alice geb. Schettmar geb. 29.07.1903
10.08.42 Auschwitz, verschollen
Sauer, Hortense geb. Lehmann geb. 16.09.1885
22.10.40 Gurs, 10.08.42 Auschwitz, für tot erklärt
Sauer, Sara geb. Bacharach geb. 08.08.1860
22.10.40 Gurs, 06.11.42 Auschwitz, für tot erklärt
Schettmar, Hans geb. 24.09.1900
27.01.42 Riga, verschollen
Simons, Flora geb. Brückheimer geb. 01.04.1892
22.10.40 Gurs, 26.08.42 Auschwitz, für tot erklärt
Steinhardt, Babette geb. Reis geb. 13.12.1880
22.10.40 Gurs, später nach dem Osten, für tot erklärt
Süskind, Rosa geb. Lindheimer geb. 09.03.1873
01.09.42 Theresienstadt, dort gest. 20.09.42
(B. Müller, Juden und Judenpolitik, Seite 43, 44, 86)


"Aus TBB fanden sechs Juden in Gurs den Tod, es waren dies:
Engel, Rosa geb. 30.01.1868 gest. 3. oder 8.4.1941
Guttmann, Josef geb. 16.03.1908 gest. 7.12.1940
Mayer, Meta geb. Adler geb 29.03.1887 gest. 22.11.1940
Rothschild, Samuel geb. 23.10.1865 gest. 6.01.1941
Sauer, Hermann geb. 7.06.1876 gest. 10.02.1942
Strauss, Frieda geb. Goldstein geb. 28.06.1881 gest. 1943"
(Seite 40)


4 Tauberbischofsheimer Juden gelang noch die Flucht aus Gurs ins Ausland:

Emil Bauer
Adolf Strauss
Hannelore Simons
Sannchen Heumann
(Seite 40)


 

Johannes Georg Ghiraldin: Die Juden im Tauberbischofsheimer Raum. Text eines Vortrages, gehalten bei den Tauberfränkischen Heimatfreunden am 7. März 2002, in der Schlossdiele in Tauberbischofsheim. Herausgeber: Verein Tauberfränkische Heimatfreunde e.V., Tauberbischofsheim o. J. Bezugsadresse: Schlossplatz 7, 97941 Tauberbischofsheim

Der Text eines Vortrages von Ghiraldin streift die Historie der Juden in Europa, speziell in der Region Tauber-Franken und hier besonders der jüdischen Gemeinden in Tauberbischofsheim, Dittigheim, Impfingen und Hochhausen, bis zur Vernichtung der Tauberbischofsheim Landjudengemeinden in der NS-Zeit. Dieser schmale Band, der in der Mitte in Farbphotos noch vorhandene Spuren (Jüdische Friedhöfe, Synagogen, Hochzeitsstein, Wohngebäude) abbildet, kann eine notwendige Dokumentation des Lebens der Landjuden in Tauberfranken nicht leisten, nur andeuten indem er mit Walter Sauer, einen durch rechtzeitige Emigration nach Palästina Überlebenden der Tauberbischofsheimer Gemeinde zitiert. Der Vater Sauers verweigerte die Emigration mit der überzeugten Einstellung, dass einem Träger des Eisernen Kreuzes aus dem 1. Weltkrieg nichts in der NS-Zeit geschehen könne. Eine fast typische Haltung im mittelständischen, gebildeten landjüdischen Bürgertum der Kleinstädte, das nationalkonservativ geprägt war.


"Die jüdischen Mitbürger, die dieses schreckliche Schicksal erleiden mussten, sind namentlich bekannt, und es ist wichtig, dass wir ihre Namen in Erinnerung behalten. Sie sollen hier genannt sein, stellvertretend für alle, die dasselbe Schicksal erleiden mussten:

Klara Adler
Friederike Bauer
Raphael Bauer
Berta Brückheimer
Berta Dreifuß
Rosa Engel
Adolf Gutmann
Joseph Gutmann
Anna Herrmann
Sara Heumann
Alfred Hirsch
Berta Hirsch
Käthe Kahn
Frieda Karpf
Ruth Kraft
Meta Mayer
Jakob Rosenthal
Helene Rothschild
Salomon Rothschild
Julius Rothschild
Hermann Sauer
Patensia Sauer
Sara Sauer
Alice Sauer
Berta Sauer
Flora Simons
Babette Steinhardt
Frieda Strauß

(Seite 28)

Franz Hundsnurscher berichtet, dass von den Tauberbischofsheimer Juden 48 vornehmlich in den USA oder in Israel eine sichere Zuflucht fanden. 





Gerd Stühlinger, Johannes Georg Ghiraldin, Sarah Schroeder, Christoph Ries, Katja Rüger, Gunter Schmidt und Stefan Henninger (Projektgruppe Mahnmal, Herausgeber): Wegverbracht. Das Schicksal der Tauberbischofsheimer Juden 1933-1945. EINE DOKUMENTATION. Tauberbischofsheim 2009.

Der Spurensuche von Tauberbischofsheimer Jugendlichen verdankt sich diese Projektdokumentation über die jüdischen Bürger Tauberbischofsheims sowie die Aufstellung eines Mahnmals bei der Peterskirche und eines zweiten Memorialsteines in der zentralen Gedenkstätte in Neckarzimmern. Vier Jugendliche, Schüler des Gymnasiums, hatten ab dem Herbst 2007 die Initiative ergriffen, die die Erinnerung an das Schicksal von über 5500 Juden erneuern sollte, die am 20. Oktober 1940 nach Gurs (Südfrankreich) deportiert wurden. 

Die Dokumentation erinnert gleichzeitig an die große Lücke innerhalb der Tauberbischofsheimer Stadtgeschichte(n). Weder das Buch von 1955, noch das von 1997 haben eine besondere (eigenständige) Darstellung des Schicksals der Tauberbischofsheimer Juden geleistet. Der Initiative der Schüler ist es zu verdanken, das die Arbeit von Bernhard Müller „Juden und Judenpolitik in Tauberbischofsheim von 1933 bis 1945. Wissenschaftliche Arbeit zur Prüfung für das Lehramt an Gymnasien. Universität Heidelberg. 1980“ wieder entdeckt wurde, nachdem die Arbeit aus dem Stadtarchiv verschwunden war. Man konnte beim Autor Kopien der Arbeit ziehen! 1989 hatten sich Schüler des Gymnasiums mit der „Nacht, in der die Synagogen brannten“ mit den Tauberbischofsheimer Geschehnissen beschäftigt und konnten noch auf die Arbeit Müllers zugreifen (Siehe Schülerzeitschrift „Bullauge“, Nr. 17 von 1989, Seite 63f.). Diese einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wäre eine wichtige Aufgabe!

Die Spurensuche der Jugendlichen brachte auch den amtsbürokratischen Jargon, der damals in Tauberbischofsheim herrschte, aus der Vergessenheit ans Licht. Die Deportation nach Gurs wurde dem kalten, zynischen Begriff „wegverbracht“ umschrieben. Abgedruckte Bilder in der Dokumentation zeigen die Unmenschlichkeit, mit der dabei vorgegangen wurde. Zwei Zeitzeugenberichte über die Vorgänge in Tauberbischofsheim liefert der Band, was seine Bedeutung unterstreicht, auch wenn von Schülern keine originäre Forschungsarbeit zu erwarten war. Der Wert liegt in der Spurensuche, in der Intention, in der Durchführung des Projektes, das zudem mit der Gestaltung des Gedenksteines durch Mitglieder des Tauberbischofsheimer Kunstvereins sich in die Erwachsenenwelt hinein erweiterte und breitere Kreise erreichte. Auch die notwendige finanzielle Unterstützung fand durch Tauberbischofsheimer Bürger und Verbände statt. In einer würdigen Feier in der Peterskirche wurde das Mahnmal der Tauberbischofsheimer Öffentlichkeit zugänglich gemacht, zudem fand eine Gedenkveranstaltung in Neckarzimmern statt. Ein besonders gelungenes Beispiel bürgerschaftlichen Engagements, das von Schülern ausgehend weite Kreise in dieser Kleinstadt gezogen hat und mit dem Mahnmal einen neuen Öffentlichkeitsraum der Erinnerung an die Tauberbischofsheimer Landjuden geschaffen hat. 

 


 

Chana Sass: Von Tauberbischofsheim nach Jerusalem. Das Schicksal einer Jüdin aus Tauberbischofsheim. Die Biographie von Chana Sass. Übersetzt von Anton Davydov. Tauberbischofsheim 2013.


 

Dr. jur. Max J. Strauss: Three Patriarchs of Dittigheim. From the history of the Strauss Family. By Max J. Strauss, L. L. D. / Drei Patriarchen von Dittigheim. Aus der Geschichte der Familie Strauss. Herausgeber: Heimatverein Dittigheim e. V. Tauberbischofsheim 2014


 

Johannes Ghiraldin (Herausgeber): Die Memoiren von Levi Straus. Episoden aus dem Leben eines Bischofsheimer jüdischen Bürgers der Weinhändler-Dynastie Straus (Strauß - Strauss). Tauberbischofsheim 2015


 

- Spuren, Hinweise und Dokumente -



- Synagoge (Bachgasse 9); am 3.9.1939 mußten die jüdischen Männer den Treppenaufgang "küßen"
- Jüdisches Gemeindehaus (Badischer Hof) (Hauptstr. 72, inzwischen neu erbaut, im alten Zustand in der Presse als Schandfleck bezeichnet); vom 3.9.39 bis 25.10.39 waren fünfzehn jüdische Familien, insgesamt über 30 Personen eingesperrt. Kontakte nach außen waren verboten. Einige Familien mußten auch danach noch im Gemeindehaus wohnen, da die NSV ihre Wohnungen in Beschlag genommen hatte.
- Mühlbach: Am 3. Sept. 1939 in den Mühlbach "zum Säubern" getrieben
- Marktplatz:
1) Kristallnacht 1938: Inneneinrichtung der Synagoge wurde zerschlagen und auf dem Marktplatz verbrannt
2) Sept. 1939, nachdem die jüdischen Familien aus den Häusern herausgeholt wurden, zusammengetrieben auf dem Marktplatz, dann in Zweierreihen die Hauptstraße (Fußgängerzone) hoch zum Gemeindehaus gezwungen, anschließend zur Synagoge und in den Mühlbach
- Hauptstr. 32: Treu - Steinhardt-Attentat
- Bahnhof: Selbstmord von Alfred Rosenbaum am 22.3.1935 auf dem Bahnhof kurz vor seinem Abtransport ins Konzentrationslager Dachau (Vgl. Elmar Weiß, Geschichte der Stadt Grünsfeld, Hg. Stadtverwaltung Grünsfeld, 1981, S. 581)
- Stadteingänge: Schilder "Juden" unerwünscht (nach 1934); nach 1940 Schilder "judenfrei"

Jüdische Geschäfte:
Cigarren Katzenstein: heute Friseur Baumann,
Weinhandlung Adler: Würzburger Str. 1,
Viehhandlungen Rafael Bauer und Leo Brückheimer: Gartenstr. 2,
Damenhütegeschäft Nelly Bloch: Hauptstr. 44,
Manufakturwaren Justin Blum (Marktplatz 11),
Fa. Heumann & Kraft, Inh. Max Heumann und Louis Kraft (Grabenweg 4),
Schuhgeschäft Jakob und Marie Levy (Hauptstr. 64),
Metzger Emil Sauer (Hauptstr. 46),
Lederhandlung Hermann Sauer (Hauptstr. 53),
Manufakturwarenhandlung Willi Sauer (Hauptstr. 46),
Kolonialwarengeschäft Moritz Spiegel (Marktplatz 10),
Weingroßhandlung Adolf Strauß (Hauptstr. 46),

Schuhgeschäft Lois und Babette Steinhardt (Hauptstr.).

(Vgl. auch Joachim Hahn, Erinnerungen und ...)
"1933 zählte man neben einem Dutzend Vieh- und Pferdehändler 19 jüdische Geschäfte, darunter 5 Manufakturwarengeschäfte, 2 Schuhgeschäfte, 1 Lederhandlung, 1 Häute-, Fell- und Metzgereibedarfsartikelhandlung, 1 Modewarengeschäft, 1 Porzellangeschäft, 1 Landesprodukten-, Lebensmittel- und Tabakwarengeschäft, 2 Weinhandlungen, 2 Getreidehandlungen, 1 Metzgerei, 1 Zigarrengeschäft, 1 Altwarenhandlung und 1 Bank." (Hundsnurscher / Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden. Stuttgart 1968, S. 269)

Jüdische Wohnungen:
1) Haus Hauptstr.: 1934 Vertreibung der Familie Sass 
2) Manggasse 2: Unterkunft der Familie Sass nach Vertreibung aus ihrem Haus in der Hauptstraße. Drei Tage nach Ausbruch des Krieges, an einem Sonntag im September 1939, wurden alle Juden aus ihren Häusern herausgeholt, die Wohnungen durchsucht und verwüstet. ... Mit einem Revolver bewaffnet kam der ehemalige Mieter, der Besitzer des Mott'schen Hauses in der Hauptstraße in die Wohnung von Hannelore Sass und ihren Angehörigen. Er verlangte von Hannelores Mutter einen Schuldschein über 4000 Mark zurück, den sie ihm früher einmal ausgestellt hatte."
(Fränkische Nachrichten vom 20.10.1983) 


Die Synagoge in der Bachgasse wurde angezündet, die Torarolle auf dem Marktplatz öffentlich verbrannt. Kristallnacht in Tauberbischofsheim)
3) Mackert-Haus: ehemaliges Bögner-Haus, Seit 1842 im Besitz der Familie Strauss. Verkauft 1909 an Stadtpfarrer Wilhelm Epp und Redakteur Karl Ernst Annieser. Im gleichen Jahr weiter veräußert an Wilhelm Mackert.
4) "Kleine Welt", Schloßweg, Wohnhaus der Familie Rosenstock von 1914 bis 1933


Hinweise: und Orte:
- Jüdischer Friedhof: Geschändet von Unbekannten 1931; Kriegsgefallene des 1. Weltkrieges
- Kirchplatz/hof: für Juden gesperrter Bereich:  Berberich S. 65
- kath. Pfarrhaus: Im Pfarrarchiv St. Martin war lange Zeit die Thora-Rolle der Synagoge Freudenberg sowie versch. Gebetbücher vorhanden.
- Rathaus Gedenktafel 1981 angebracht. "Ernst Rosenstock ist der Initiator der Gedenktafel für die ehemaligen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, die im Eingang des Rathauses angebracht  ist." (FN 29.7.1992, Ernst Rosenstock frischt Kindheitserinnerungen auf)

Jüdische Familiennamen
Adler
Bauer
Blum
Brückheimer
Sauer
Spiegel
Ploch
Katzenstein
Rosenstock
Sass
Strauß
Levy
Heumann
Kraft





Judenwege, Judenpfade, Totenwege


Als Gewannnamen oder Wegnamen gibt es bisher für die Büschemer Gemarkung keine Belege für Judenwege/Judenpfade und Totenwege. Auch keine eindeutige Niederlegung auf einem alten Lageplan, Forstplan, Jagdrechteplan. Die Büschemer Juden beerdigten zuerst auf dem Wenkheimer Friedhof, dann auf dem Külsheimer Judenfriedhof. In Richtung Külsheim - Uissigheim - Eiersheim gibt es Gewannnamen wie Judenbuckel. Das sind Indizien, dass sich hier Juden vorbeibewegt haben. Judenpfade gab es auch für Erledigungsgänge von Juden, die eher aus Gründen des Handels, des Viehhandels veranlasst waren. Juden gingen teilweise eigene Wege, da es für sie auch Bedrohungen auf den Landstraßen gab. Ein Jude reichte eine Beschwerde ein, er wäre auf der Geleitstraße von Büscheme nach Wertheim bei Impfingen bedroht worden, er würde in die Tauber geworfen werden. Totenzüge mußten Ortschaften umfahren. Auf der Geleitstrecke nach Frankfurt fuhren auch Juden mit. Die Geleitzüge waren neben der Handelsfunktion auch immer sichere Personentransporte. Von den Wenkheimer Juden ist bekannt, dass sie sehr viele geschäftliche Beziehungen zu Büscheme hatten. Von Wenkheim aus gibt es einen Judenpfad Richtung Großrinderfeld. Leider fehlen Nachweise, ob sich auch ein Judenpfad Richtung Büscheme fortsetzte. Der Begriff Judenweg ist allerdings kein jüdisch geprägter Name, also nicht von Juden stammend. Für Büscheme, für unsere Region bisher wenig konkret anhand alter Wege in der Landschaft als eindeutige Strecken nachvollziehbar, eher punktuell. Am Forstbuckel, beim Anstieg zum Forst hinauf, steht auf der linken Seite ein Bildstock abseits. Ältere Quellen sprechen vom Judenbildstock. Welches Ereignis zu diesem Namen führte, ist unbekannt. War es ein Judenweg / Judenpfad der an diesem Bildstock vorbeiführte? Gab es ein Ereignis, eine Tat gegenüber (einem) Juden an diesem Bildstock?


Levis Straus berichtet von der Nutzung von Wegen, in einer Zeit als sich die Büschemer Juden frei auf diesen bewegen konnten. Levi Straus erinnert sich in seinen Memoiren, dass sein Bruder Schmule bei einem Gang nach Grünsfeld sich auf dem Rückweg verlief und war "auf den Weg nach Grünsfeldhausen und Paimar gekommen. Dort fand ihn der von Grünsfeldhausen nach Bischofsheim zurückkehrende alte Mendel Straus (Vuglo Bach-Mendele, weil er neben dem Bach wohnte und klein von Gestalt war), ..., der ihn dann mit nach Bischofsheim spät abends zurückbrachte." (Johannes Ghiraldin (Herausgeber): Die Memoiren von Levi Straus. Episoden aus dem Leben eines Bischofsheimer jüdischen Bürgers der Weinhändler-Dynastie Straus (Strauß - Strauss). Tauberbischofsheim 2015, S. 14). Vermutlich erfolgte die Heimkehr nach Büscheme über den Grünsfeldhausener Weg, oder dem Paimarer Weg.


Levi Straus berichtet in seinen Memoiren über weitere Spaziergänge und die Fernsicht von der Friedrichshöhe aus: "Auf unseren meist sabbatlichen Spaziergängen besuchten wir meistens den Sprait, den Lorenzenberg (Laurentiusberg)) und besonders die Gegend der heutigen Friedrichshöhe. Von letzterer aus konnte man Lauda und Königshofen sehen, und besonders zur Zeit des Königshöfer Marktes behauptete mein Bruder Schmule, man könnte ganz deutlich den Markt, d. h. die aufgeschlagenen Stände, wahrnehmen ..." In: Johannes Ghiraldin (Herausgeber): Die Memoiren von Levi Straus. Episoden aus dem Leben eines Bischofsheimer jüdischen Bürgers der Weinhändler-Dynastie Straus (Strauß - Strauss). Tauberbischofsheim 2015, Seite 13


"Am Marktplatz befand sich ein jüdisches Geschäft für Bettzeug und Damen- und Herrenkonfektion. Der Chef des Hauses hieß Nathan Bloch. Dieser hatte die Gewohnheit, jeden Tag bei gutem Wetter zum Höhberg zu gehen und auf der ersten Sitzbank, die es dort gab, seine Mittagsruhe zu verbringen. Unter der Bevölkerung hatte deshalb dieses Bänkchen den Namen 'Nathansruhe'." (Johannes Georg Ghiraldin: Zeitzeugenbericht. In: Gerd Stühlinger, Johannes Georg Ghiraldin, Sarah Schroeder, Christoph Ries, Katja Rüger, Gunter Schmidt und Stefan Henninger (Projektgruppe Mahnmal, Herausgeber): Wegverbracht. Das Schicksal der Tauberbischofsheimer Juden 1933-1945. EINE DOKUMENTATION. Tauberbischofsheim 2009, Seite 30)


Das Tauberbischofsheim der nationalsozialistischen Zeit brachte für die Büschemer Juden Verbote des Betretens von Anlagen, Wäldern, Wegen: "Schilder mit der Aufschrift: "Juden betreten diese Anlage auf eigene Gefahr!" waren in TBB in den Tauberanlagen beiderseits der Straße beim Haus Hodis [- damit auch beim Grabenweg -, Einfügung von mir, J. W.], am Bahnwärterhaus am Höhberg, am Wasserreservoir und am Tennisplatz aufgestellt. Plakate wie: "Der deutsche Wald dem deutschen Volke" am Höhberg verboten den Juden indirekt in dieser Gegend spazieren zu gehen oder "Jud, du bist erkannt, zumal im Frankenland!", "Kauft nicht bei Juden!" am Bahnhof, diese Plakataufschriften machten den Juden bei jeder Gelegenheit bewußt, das sie als Ausgestoßene galten." In: Bernhard Müller: Juden und Judenpolitik in Tauberbischofsheim von 1933 bis 1945. Wissenschaftliche Arbeit zur Prüfung für das Lehramt an Gymnasien. Universität Heidelberg. 1980, Seite 20


"Der jüdische Junge Norbert Kraft besuchte im Jahre 1935/36 die 3. oder 4. Klasse der Volksschule in TBB. Auf dem Heimweg von der Schule ging er durch den Grabenweg, an dem ein Schild mit der Aufschrift: "Juden gehen hier auf eigene Gefahr!" angebracht war. Aus diesem "Grunde" wurde er von Mitschülern geschlagen und verhöhnt. Als die Eltern sich an den Lehrer wandten, der die Schüler zur Rede stellte, antworteten diese nur, daß der Jude selst Schuld sei, wenn er eine Straße betrete, an der ausdrücklich stehe: "Juden betreten diese Anlage auf eigene Gefahr."  In: Bernhard Müller: Juden und Judenpolitik in Tauberbischofsheim von 1933 bis 1945. Wissenschaftliche Arbeit zur Prüfung für das Lehramt an Gymnasien. Universität Heidelberg. 1980, Seite 20 / 21


Im September 1939 wurden die Büschemer Juden gezwungen, sich im Mühlbach zu "säubern": "Danach wurden sie gezwungen, im Mühlkanal drei Liegestützen zu machen und dabei zu sagen: "Ich danke für das Freibad!" Wer die Liegestützen nicht tief genug machte, wurde von den SA-Männern mit Füßen noch tiefer unter Wasser gedrückt". Katja Rüger: Die Deportation der 22 Juden aus Tauberbischofsheim. In: Gerd Stühlinger, Johannes Georg Ghiraldin, Sarah Schroeder, Christoph Ries, Katja Rüger, Gunter Schmidt und Stefan Henninger (Projektgruppe Mahnmal, Herausgeber): Wegverbracht. Das Schicksal der Tauberbischofsheimer Juden 1933-1945. EINE DOKUMENTATION. Tauberbischofsheim 2009, Seite 15 / 16.


22. März 1935
Alfred Rosenbaum (aus Grünsfeld) wirft sich am Tauberbischofsheimer Bahnhof vor den einfahrenden Zug, um sich seinem Abtransport in das Konzentrationslager Dachau zu entziehen.