Soweit mein bewusst verwirrend angelegter Originalbeitrag. Keiner sollte so richtig ahnen, welcher Weg hier tatsächlich gemeint war. Es war schließlich mein Lieblingsweg. Den ich quasi als privat erachtete, obwohl es sich um einen früher öffentlichen Weg handelte. Den ich aufgrund Kindheitserinnerungen gekapert habe. Unbemerkt. Für mich eine wertvolle Kindheitserinnerung. Aber eine kaum zugängliche. In den End 1970er Jahren und in den 1980er Jahren versuchte ich immer wieder, Stellen an diesem Weg zu finden, die zugänglich waren, trotz der weit fortgeschrittenen Verbuschung, Verheckung. Ich fand einige, aber mit Mühen, da auch die schmalsten erhaltetenen Zuwege der Verbuschung unterlagen. Immerhin konnte ich so erahnen an einigen Stellen, wie der Weg früher am Hang entlang verlaufen ist. Anfang der 1990er Jahre war es soweit. Ich fasste den Entschluss, den Weg wieder frei zu legen. Ich machte mich dazu im Januar, früh morgens auf den Weg. Meistens von Schneeschauern begleitet. Für mich von Vorteil, dass ich bei so einer schlechten Wetterlage einsam, ungestört herumwerkeln konnte. Wegschneiden, Ausschneiden, Abschneiden konnte. Das Schnittgut zu von mir bestimmten Sammelplätzen wegschleppen konnte. Ich kam gut voran. Benötigte aber für die fast 1 km lange Strecke ca. 3 Wochen. Ganz besonders geeignetes Werkzeug für Heckenbeschneidung, -beseitigung hatte ich nicht. Es gab Stellen, die absolut dicht zugeheckt waren. Bei einer so allzu gewaltig verbuschten Hecke schnitt ich erst mal einen Tunnel hinein. Und von diesem aus führte ich weitere Schnitte durch, um die Außenbereiche des ursprünglichen Weges zu erreichen. Irgendwann schaffte ich es wirklich, der Weg war wieder frei, war wieder wie von mir gewünscht, erhofft, begehbar. Allerdings hatte ich am Anfang und am Ende verdeckte, versetzte, versteckte Eingänge angelegt. Schließlich wollte ich den Weg für mich selbst wiederhaben, wieder begehen können und nicht für eine anonyme Öffentlichkeit, für andere. Obwohl ich recht schnell von einem Büschemer, der gern auf dem Büchel unterwegs war, ein Lob hörte, dass nun endlich der Grünsfelder Weg wieder begehbar sein. Also auch andere haben auf die Wiederöffnung des Grünsfelder Weges gewartet. Wohl auch wie ich einige Jahrzehnte lang. Dann entdeckten einige Jahre später die Landschaftspfleger diesen Hangbereich. Diese hatten allerdings nur Interesse an möglichst viel befreiter Fläche, aber kein Interesse an einer historischen linearen Struktur. Masse statt Klasse. Aber immerhin kamen so die Schafe zur Nachpflege auf diese Büchelhangseite. Allerdings hat die Schafpflege den schön linearen Strukturverlauf des Grünsfelder Weges nicht im Fokus. So konnte der Grünsfelder Weg wieder etwas zuwachsen, als ich Büscheme infolge eines beruflichen Wechsels zu Internettätigkeiten um die Jahrzweitausendwende verlies und mich nicht mehr so oft auf dem Grünsfelder Weg aufhielt, nicht mehr auf diesem hin und her lief, auch um in benachbarte Gewanne zu marschieren. Erst nach 2012 begann ich wieder diesen Bereich stärker zu frequentieren. Obwohl dieser inzwischen an einigen Stellen wieder stärker mit Vegetation zugewachsen war. Mich interessierte stark, kennt denn überhaupt jemand sonst diesen Weg, schätzt jemand anderes diesen Weg so wie ich als etwas besonderes, als etwas altes, das erhalten werden sollte, ein. Und tatsächlich, aufgrund einer speziellen Internetsuche konnte ich ein Foto finden, dass eine sehr auffällige Stelle am Grünsfelder Weg zeigt. Also gab es einen, der den Grünsfelder Weg kennt und schätzt. Den galt es kennen zu lernen. Und es war fast wie in der Subjekt-Objekt-Objekt-Subjekt Doppeldialektik. Wer jemand sucht, wird selbst gesucht und gefunden. Eine schöne, produktiv büschemerische Geschichts- und Landschaftsbeziehung entwickelte sich. Ich lernte Hendrik Beierstettel kennen, der viele Ecken und Räume der Büschemer Landschaft, die ich liebte, gern aufsuchte, ebenfalls oft frequentierte.
Den weiteren Fortgang am Grünsfelder Weg soll ein Beitrag aus den Fränkischen Nachrichten dokumentieren:
"Grenzstein-Jungs mit Entdeckergeist
Der zugewucherte Grünsfelder Weg im Taubental am Büchelberg, der in früheren Zeiten ein Seitenweg auf der alten Geleit-route war, ist wieder begehbar. Drei Jungs haben ihn freigelegt
Tauberbischofsheim. Jonne (10), Matti (7) und Phil (11) sind die „Grenzstein-Jungs“. So nennen sich die drei seit Januar. Der Begeisterung für die alte Bischofsheimer Gemarkungsgrenze vorausgegangen waren allerdings zahlreiche samstägliche Expeditionen, bei denen im Februar 2016 ein alter, zugewucherter Gang entdeckt wurde: Der Grünsfelder Weg. Hendrik Beierstettel, Vater von Jonne und Matti, fand den Namen des alten Pfads im Geoinformationssystem des Main-Tauber-Kreises.
Die drei Jungs – Phil Engert ist der beste Freund des Geschwisterpaars – waren verwundert, dass ein kulturhistorisch bedeutender Weg einfach in Vergessenheit geraten ist und beschlossen spontan, ihn aus dem Dornröschenschlaf zu erwecken. Hendrik Beierstettel kümmerte sich um das Werkzeug. Äxte, Sensen, Sicheln, Gerteln, Scheren und Arbeitshandschuhe wurden beschafft. Der 95-jährige Großvater von Hendrik Beierstettel wies seinen Enkel ein, wie Sense und Sichel gebraucht, geschärft und gedengelt werden.
Samstags, wenn das Wetter nicht gar so garstig und niemand krank war, machten sich das Quartett und die altdeutsche Hütehündin Lumi auf zum Grünsfelder Weg: eine Stunde Anmarsch, zwei bis drei Stunden Arbeit, eine Stunde Abmarsch. „Am Anfang war die Arbeit am schwersten“, erinnert sich der Vater. Durch dichtes Gestrüpp kämpften sich die Kinder teilweise auf allen Vieren und entfernten den Wildwuchs so schonend wie möglich. „Mein liebstes Werkzeug war die Säge“, berichtet Phil von der anfänglichen Schwerstarbeit. Auf die Frage, wie sie die lange Spanne durchgehalten haben, antwortet Jonne: „Wir hatten einfach Lust weiterzumachen.“
Ziel war es nicht, den Grünsfelder Weg in eine isolierte Schneise zu verwandeln, sondern eine Einheit mit der Natur herzustellen. Mit Fauna und Flora sollte so schonend wie möglich umgegangen werden, lautete die Devise. „Wir haben Hirschkäfer, Rehe, Hasen, Schlangen, Eidechsen, sehr viele Vögel und Insekten gesehen“, berichten Phil und Jonne, während Matti schon fast die Hälfte einer Eiche erklommen hat. Auf Bäume zu klettern gehört zu den Lieblingsbeschäftigungen der Jungs.
Heute orientiert sich die Pflege des Grünsfelder Wegs am bäuerlichen Kalender. Drei Mal pro Jahr – im Mai, August und Oktober – wird eine Mahd mit traditionellem Gerät vorgenommen. Auf dem knapp 1000 Meter langen Pfad sind die alten Weinbergmauern freigelegt. Bei sommerlichem Wetter sonnen sich dort Echsen. Stolz zeigen die Jungs ihren Weg, auf dem sie jedes Fleckchen kennen.
Am Ende des Pfads, kurz vor dem Feld, findet sich ein Grenzstein aus dem Jahr 1655. Um das Mainzer Rad sind drei kleine b eingemeißelt, die für Bischofsheim stehen."
Der Grünsfelder Weg lebt also noch, ist in Restteilen immer noch begehbar. Er muss nur gefunden werden. Was nicht ganz so leicht ist, aber auch nicht unmöglich. 880 Meter wunderbarster Hangweg. Ganz will ich von meinem bisherigen gewohnten Verwirrgehabe nicht ablassen. Insofern keine Angaben, wo der restliche Teil des Grünsfelder Weges anfängt und wo er aufhört. Muhaha! Sucht, dann werdet ihr auch gefunden werden. Vom Grünsfelder Weg. Dem Weg der Wege. Am Büchel! Dem wahren Grünsfelder Weg.
Der Grünsfelder Weg im verbuschenden Status (ca. 2015)
Der Grünsfelder Weg September 2020
Der Grünsfelder Weg frei geschnitten 2022
Der Grünsfelder Weg erfuhr in seiner Wegführung auf dem Truppenübungsplatz Veränderungen. Am Ende des Truppenübungsplatzes, an der Gemarkungsgrenze zu Grünsfeld, am Waldrand, in der Nähe des Standortes des verschwundenen 1308 Grenzsteines führte der Grünsfelder Weg den Hang hinunter zum Rödleinsgraben.
Der frühere Anfang des Grünsfelder Weges