Rinderfelder Weg


Von einem Rinderfelder Weg auf Büschemer Gemarkung spricht heute keiner mehr. Ebenso gering dürfte das Wissen über ihn sein. Wer heute einen direkten Weg Richtung Großrinderfeld meint, denkt zum einen an die Alte Würzburger Straße den Forstbuckel hoch oder an die ehemalige Bundestraße 27. Die Alte Würzburger Straße wurde um 1757 als Chaussee - also eine Kunststraße mit gefestigtem Unterbau, Dammprofil, Entwässerungsgräben - angelegt, größtenteils als Neubaustrecke. Sie war also auch sehr lange die neue Straße, die Richtung Würzburg führt. Sie war also mehr, als nur eine lokale Verbindung nach Großrinderfeld, sondern überörtlich, regional bedeutend. Als Geleitstraße sogar eine der bedeutendsten Hauptstrecken im Reich als Handelsstraße zwischen Nürnberg und Frankfurt. Die ehemalige B 27 Trasse wurde dagegen 1890 angelegt. Vor allem um die große Steigung bzw. das große Gefälle in der Höhenbewältigung zum Forst zu vermeiden. Eine weitere früher wichtige Straße in Richtung Großrinderfeld war der alte Fernweg von Büscheme aus über die Hammbergshohle, dann über den Höhenrücken Richtung des Schwertkreuzes über dem Teufelsloch an der Gemarkungsgrenze Impfingen - Rinderfeld. Wohl schon aus keltischer Zeit, da die Kelten Fernwege immer auf Höhenrücken anlegten, um den Hochwässern in Tallagen zu entgehen, aber auch die vielen tiefen Hohlen, die sich in unsere Gemarkung als Hindernisse für Transporte auf Rädern ins Gelände einschneiden, zu umgehen. Diese Hohlen sind die topographische Schwierigkeit, die sich einem direkten Weg nach Großrinderfeld entgegenstellen.  Die Hohlen haben sehr steile Hangbereiche, sind oft sehr tief. Also für Wagenfuhren nicht überwindbar, aber auch für Fußquerung ein Hindernis. Insofern entweder den Weg um den Anfang der Hohle herumführen, Brückenbau oder Aufschüttung.


Welche Hohle, welcher Entwässerungsgraben, stellt sich einem Direktweg nach Großrinderfeld entgegen? Die Edelberghohle, die sich zudem aufteilt unterhalb des Edelberges. Dann zum einen zunächst unter der Schlösserbergsseite des Edelsbergs in Richtung Forstgrund zieht bis hinter zum Teufelsloch. Zum anderen zwischen Edelberg und Moosig hochzieht und sich dann abschließend dem Anfang des Forstes zuwendet. Vom Büchelberg her zog die Schlucht des Neuberghohle zur Edelberghohle und behinderte so einen Weg in Richtung Moosig, Grünsfelder Tannen.


Von einem Rinderfelder Weg erfahren wir aus dem Zehntbuch von 1495. Zwei Ackerlagen werden dort genannt: "Forstgründe unter dem lohen Hültzlen am Rinderfelder Weg". ("Item die Äcker, die da liegen oben in den Gründen unter dem "Lohen Hültzlen" am Rinderfelder Weg, die da dem Paul Fischer und Dietz Fuger gehören, zehnten an St. Victor." Siehe 1955 Stadtchronik, Ogiermann, Seite 181 und Seite 354) Also eher indirekt lesen wir im Nebenbei von einem Rinderfelder Weg. Und auch etwas über seine Lage. Am Forstgrund und in der Nähe eines kleinen Gehölzes (lohen Hültzlein). Und er liegt oben. Der Flurname lohes Hültzlein ist allerdings heute unbekannt. Ebenso fehlt weitere Kenntnis, um was es sich für ein Wäldchen handelte, wer der oder die Besitzer waren. Von der Lage her könnte es sich um einen Bereich handeln um den sogenannten Judenbildstock herum. Ein Bildstock, der ja etwas merkwürdig einsam an einem heute unbedeutenden Weg steht. Und deshalb noch auf seine Deutung bzw. Einordnung wartet. Möglicherweise verlief der Rinderfelder Weg zunächst zwischen Gützberg und Edelberg, stieg dann an an der Schlössersbergseite und führte dann in Richtung des Judenbildstockes? Aufgrund der Geleitwegforschungen von Hendrik Beierstettel, mir und Mitgliedern des Großrinderfelder Heimat- und Kulturvereins ist sehr sicher, dass früher die Trasse der Geleitstraße vor der Chausseesierung nicht der heutigen Wegführung der Alten Würzburger Straße entsprach. Eventuell gab es vorher nur einen kleinen Fußpfad. Der von der Edelberghohle im Bereich des Klinglerinkreuzes den Forstbuckel hoch zum Forst führte. Und möglicherweise durch den Forst in Richtung des Pilgerruh-Bildstockes. Ein Rinderfelder Weg muß also anders geführt worden sein. Zwischen Pfad, Weg, Straße wurde früher durchaus unterschieden. Pfad für einen Fußweg, möglicherweise noch Karren. Weg für landwirtschaftliche Nutzung, Fuhrwerke. Straßen für überörtliche Verbindungen.


Auf Büschemer Gemarkung gibt es keinen offensichtlichen Rinderfelder Weg. Wie sieht es auf Großrinderfelder Gemarkung aus? Wir sehen sehr viele Direktwege von Großrinderfeld in die benachbarten Orte. Der Wegname zeigt deutlich an, zu welchem Dorf der Weg führt. Impfinger Weg, Werbachhäuser Weg, Brunnthaler Weg, Wenkheimer Weg, Baierthaler Weg. Krensheimer Weg, Paimarer Weg, (Alter) Grünsfelder Weg. Heute schon wesentlich unsichtbarer als diese genannten Wege ist der Distelhauser Weg oberhalb des Rödersteingrabens. Aus archivalischen Forschungen von Hendrik Beierstettel ist bekannt, dass es einen Gerchsheimer Weg gab, der nicht der Trasse des chaussierten Geleitweges in Richtung Gerchsheim entsprach, sondern durch den Sellinger Wald führte, auf den Hanghöhen zum Grundtal Richtung Gerchsheim führte. Auf manchen alten Karten noch rudimentär eingezeichnet ist. Eine Bischofsheimer Strasse bzw. einen Bischofsheimer Weg ist auf Großrinderfelder Gemarkung nicht namentlich zu finden. Das ist auffällig zum sonstigen Wegnamensbestand. Könnte die Chaussierung einer Straße zum Forst hoch, durch diesen hindurch, dazu beigetragen haben, das ein früherer Bischofsheimer Weg bzw. Rinderfelder Weg funktionslos wurde, dieser seinen Namen verlor und im Zuge von Flurbereinigungen auch die frühere Wegführung?


Nehmen wir aufgrund unserer bisherigen Verortung des Rinderfelder Weges an, dass dieser am Judenbildstock vorbeiführte. Damit muss der Rinderfelder Weg, die Edelberghohle gekreuzt, überwunden haben. Wo könnte das gewesen sein? Die Weganlage auf dem Edelberg führt am Südwesthang und am Schlösserberg auf einen Punkt hin an der Edelberghohle. Der Mittelweg hoch zu den Reblagen am Südhang, der Schlösserdbergweg hoch die Weinberge an dieser eher nördlichen Lage. Und versteckt noch ein kaum noch sichtbarer Edelberg-Basis-Häcker-Weg. Am gemeinsam Treffpunkt dieser drei Wege an der Edelberghohle war entweder eine Brücke, oder eine Erdaufschüttung in der Hohle, um diese zu überqueren. Der Schlössersberg weist für einen Weg durch einen Weinrebenhang erstaunliche Hohlform aus, als ob hier schwere Wagenladungen transportiert wurden. Es ist allerdings sehr schmal. Bei dem ersten Weg, auf den der Schlössersbergweg mündet, ist deutlich ein früherer alter Weg parallel an einigen Stellen zu finden. Der Weg ist also alt. Möglicherweise führte dieser Weg früher hinüber in Richtung des Judenbildstockes? Oder gab es eine weitere Brücke über die Edelberghohle, eine weitere Erdaufschüttung? Also in der Nähe des Klingerinkreuzes, an der heutigen Stelle, wo die Alte Würzburger Straße den zugeschütteten Graben der Edelberghohle kreuzt. Bisher gibt es allerdings keinen Hinweis auf eine derartige Brücke, auf solche Brücken. Die Edelberghohle wurde Ende des 19. Jahrhunderts sowieso von der Stadt zugeschüttet im Bereich des Schlössersberges und ein Weg in den Forstgrund hinein angelegt. Das verwischt heute die Spuren, vernebelt das Bewußtsein, wie früher die Überwindung der Edelberghohle vonstatten ging.


Wie ging der Rinderfelder Weg vom Judenbildstock weiter? Die Ackerflächen des Forstbuckels haben Höhenrückenlage, also früher bevorzugte Lagen für Wege. Im Forst könnte einer der beiden Hängleinswege den Rinderfelder Weg aufgenommen haben. Dieser zog dann wohl in Richtung des Bildstockes Pilgersruh. Von dort aus führt ein heutiger Feldweg in Richtung des Rödersteingrabens, in Richtung des Distelhäuser Weges. Vom Judenbildstock geht ein weiterer Weg fast parallel zu Alten Würzburger Straße in Richtung Forst und vereinigt sich dann mit der Alten Würzburger Straße. Zwischen den beiden Wegen liegt ein Steinbruchbereich. Einige vermuten dort auch Bombentrichter aus dem US-Amerikanischen Luftangriff auf Büschemer Gemarkung im Juli 1944. Hätte zu den wahllos scheinenden Bombenzielen gepasst, wenn Bomben in einen Steinbruch gefallen wären. Der Parallelweg kann also durchaus der Rinderfelder Weg gewesen sein, aber auch eine spätere Geleitnutzung ist möglich. Heute scheint die Alte Würzburger Straße wie selbstverständlich in den Forst hinein zu führen. Der Rinderfelder Weg könnte aber früher auch in Richtung des Kleinen Forstes gezogen zu sein. Dort ist eine imposante Hohle zu finden, wenn auch von Vegetation stark überdeckt. Die Richtung der Hohle würde zu Richtungen von Wegen passen, die vom Kleinen Forst aus in Richtung Großrinderfeld ziehen. Auf den sogenannten Zündmantel zu oder auf die schon im 18. Jahrhundert oder gar früher bestehende Brücke über den Rödersteingraben. Er könnte sich auch mit dem von Großrinderfeld ausgehenden Weg nach Distelhausen vereinigt haben, der etwas oberhalb des Rödersteingrabens verlief.


Schwieriger einzuordnen dagegen ist eine Hohlenführung im Forst nach der Ansteigung aus dem Forstgrund in Richtung der Großrinderfelder Leschelücke. Auch hier ganz klar erkennbar, dass hier früher schwere Transportfuhrwerke durchgezogen sind. Da aber der Forstgrundweg früher nicht wie heute in der Nähe des Klinglerinkreuzes in die Alte Würzburger Straße einmünden konnte, da hier die Edelberghohle verlief, ergeben sich Ungewissheiten, ob diese Wegvariante auch dem Rinderfelder Weg zugeschrieben werden kann. Möglicherweise gab es die Trassenführung hoch durch die Hammbergshohle/steige, dann oben auf der Hammbergsplatte rechts abbiegend auf der Höhe über der Gützberghangseite. Allerdings kreuzt dann ein von der Höhe in den Forstgrund hinabführender Weg die Edelberghohle. Mit der Notwendigkeit einer Brücke bzw. Erdaufschüttung. Oder es gab aus dem Bereich unterhalb des Judenbildstockes einen Weg hinab in den Forstgrund. Es gab am Anfang des Forstes zum Forstgrund herunter wohl einen Weg. Vermutlich den Weg von Grünsfeld nach Impfingen, von Impfingen nach Grünsfeld, also den Grünsfelder Weg, Impfinger Weg. Der über Büschemer Gemarkung teilweise verlief. Eine deutlich erkennbare kleinere Hohlenstruktur könnte auf Nutzung durch Fuhrwerke hinweise. Der Rinderfelder Weg könnte diese Strecke genutzt haben, um in den Forstgrund zu führen. Also etwas verzwickte Wegführungen, die heutigen Interpretationen erhebliche Schwierigkeiten machen. Von der Leschelücke aus gäbe es die Möglichkeit der Wegführung auf den Höhenkamm des Impfinger Weges. Von da weiter in Richtung Großrinderfeld oder auch wie der frühere Fernweg über den Höhenrücken in Richtung Alte Straße Bärlestannen - Hachtel.


Die Straßenführung in Großrinderfeld war früher auf den Wenkheimer Weg und die Straßen Richtung Grünsfeld / Paimar orientiert. Es gab nur zwei Tore. Ein Hecken-Graben-Wall System um den Ort herum verhinderte andere Ausfahrrichtungen. Möglicherweise gab es um diese Heckenhag außerhalb einen Weg herum. Der von Impfingen kommende Weg könnte entweder ab dem Bildstock auf der Höhe wie die chaussierte Trasse verlaufen sein, und dann im Zündmantel wieder etwas hoch zum Wenkheimer Tor geführt haben. Oder verlief wie der Beilbergsweg zum Ort Rinderfeld hin.


Auf Großrinderfelder Seite fehlen etwas die Hinweise, wie der Rinderfelder Weg seinen Weg nahm. Aber in Landschiederumgängen der Großrinderfelder finden sich Hinweise auf einen Bischofsheimer Weg im Bereich Kleiner Forst. Da verbleiben noch einige Unsicherheiten, wie vor der Chausseesierung die Wegeführungen in Richtung Büscheme gewesen waren. Es gab zwar die alte Landstraße, den früheren Keltenhochweg über die Hammbergshohle, am Schwertkreuz über dem Teufelsloch vorbei, entlang des Höhenweges am Forstrand. Der führt aber dann in einem weiten Höhenbogen um Großrinderfeld vorbei. Wenn auch von ihm der Impfinger - Großrinderfelder Weg in Richtung Großrinderfeld abbiegt. Das Zehntbuch mit dem Hinweis "Item die Äcker, die da liegen oben in den Gründen unter dem "Lohen Hültzlen" am Rinderfelder Weg, die da dem Paul Fischer und Dietz Fuger gehören, zehnten an St. Victor" spricht aber dafür, dass es einen von Büscheme ausgehenden Rinderfelder Weg direkt nach Großrinderfeld gab, wenn uns auch heute leider seine Wegführungen etwas im Dunklen bleiben. Insofern sei etwas zu seiner Beleuchtung, Wiedererinnerung hier bemerkt.