An der neuen Würzburger Straße gab es früher Platz. Platz für den Dreschplatz. Daneben war ein Platz für Stahlmatten, T-Träger, zum Eisenbiegen. Ab dem Dreschplatz Richtung Osten, Richtung Laurentiusberg erhob sich das Gelände. Auf diesem befand sich im Dritten Reich das Reichsarbeitslager Frauen. Heute Straßenmeisterei. Zwischenzeitlich hatten sich hier auch Tennisplätze angesiedelt. Die Dreschhalle wurde in den 1920er Jahren errichtet. Wurde durch die Mähdrescher, durch das Bauernlegen der Nachkriegszeit überflüssig. Dabei waren Dreschhallen wunderbare Freizeithallen. Oben dicht, unten offen. Man baut man nicht einfach wieder solche Holzhallen? Zum Feste feiern, Wein trinken, Frisbeescheiben werfen, als Übungsplätze? Als Treffpunkte bei Regenwetter.
Als Kinder nutzten wir in der Oststadt die noch vorhandenen vielgestaltigen, naturnahen und besonders dysfunktionalen Freiräume zum Spielen. Also Räume, die nicht einer bestimmten Nutzung unterworfen waren. Sondern angeeignet werden konnten. Für das Kinderspiel geeignet waren. Noch war nicht jedes Grundstück überbaut. Noch gab es viele interessante Spielangebote. Eines dieser sehr differenzierten Spielangebote war der Dreschplatz. Der zunehmend seine Funktion des Dreschens verlor. Da immer mehr Mähdrescher aufkamen, die diese Funktionen direkt auf dem Feld erledigten. Leider findet man inzwischen immer weniger alte Dreschhallen wie die in Bürgstadt am Main. Die aber inzwischen auch einer Umgehungsstraße weichen mußte. Und nun im Freilandmuseum ihr Dasein fristet. Der Dreschplatz war die heutige Clausingstraße. Daneben war ein offenes Lager für Stahlmatten, T-Träger, Betonstahl. In Tauberbischofsheim wurde ja damals überall gebaut. Zusammen mit seiner Frau werkelte der Versbachnachfolger Holler hier herum. Bog oder schnitt die Matten, Stähle und Träger zurecht. Statt in einem Blaumann in einem stets rostig-schmutzigen Graumann. Und transportierte die Eisenwaren an die Baustellen. Wir kannten und erkannten ihn nur an seinem Rost. Eine andere Kleidung haben wir nie an ihm gesehen. Selbst Sonntags. In der Unterstadt hatte er noch ein Geschäft für Eisenwaren. Den Versbach. Auch heute noch ein wunderschönes Fachwerkhaus. Mit einem Schuhmacher drinnen. Als das evangelische Gemeindehaus mit Kindergarten dorthin zog, war es mit diesem Spielplatz aus. Die Matten zogen entgegengesetzt in eine Wiese an der Königheimer Straße, Nähe Sägewerk Meyer. Auch in späteren Lebensjahren konnte ich ab zu noch die rostbraunige Kleidung im Einsatz bemerken. Der Dreschplatz als Clausingstraße wurde asphaltiert. Wurde zum Parkplatz vor dem Kindergarten. Der Rostplatz wurde Kindergarten und eingezäunter Grünbereich. Nicht mehr offen für alle Kinder, nur noch für bestimmte. Monofunktionalität übernahm hier das Raumregime.
So wichen in der Oststadt zunehmend immer mehr offene Kinderplätze Orten der Nichtmehrnutzbarkeit. Schleichwege wie die an der Edelberghohle verschwanden. Der wilde Garten der ehemaligen Landfrauenschule an der Würzburgerstraße /Julius-Berberich-Straße gehörte dann dem übernehmenden Vermessungsamt und der Grundschule Ost, die darauf errichtet wurde. Die Hänge zum Brenner hoch, ehemals Weinberge mit noch vorhandenen Trockenmauern wurden Privatbesitz. Und nicht mehr für Kinder zugänglich. Kein Wunder, dass heutzutage die Gärten, auf den Grundstücken mit Kind oder Kindern, immer mehr künstlich in Abenteuerspielplätze verwandelt werden. Immer mehr Spielgeräte im eigenen Garten aufgestellt werden. Das Umherstreifen im Nahraum immer mehr kontrolliertem Spielen auf dem eigenen Grundstück weicht. Das sorgsam behütete Kind der Mittelschicht, des Mittelstandes, kennt keine Dresch- und Rostplätze, kein freies Spielen mehr. Darf sie nicht kennenlernen. Kann sie nicht mehr kennenlernen.